Statement: Kindler zum Bundeshaushalt Montag, 14.03.2022 Zum Bundeshaushalt 2022, den Eckwerten für das Jahr 2023 und dem Finanzplan erklärt Sven-Christian Kindler, Sprecher für Haushaltspolitik: „Wir haben jetzt eine erste gute Grundlage für die parlamentarischen Beratungen zum Haushalt für das Jahr 2022. Der Entwurf kann natürlich noch nicht alle aktuellen Entwicklungen aufgrund des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Putins gegen die Ukraine berücksichtigen. Notwendig sind weitere Maßnahmen zur sozialen und wirtschaftlichen Abfederung der Folgen durch die Preisentwicklungen für fossile Energie und Lebensmittel, für humanitäre Hilfe, für unsere Energiesouveränität weg von Öl, Gas und Kohle und die solidarische Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine und anderen Kriegsgebieten. Diese zusätzlich notwendigen Maßnahmen sollten über zusätzliche Kredite nach der Notfallklausel nach Artikel 115 Grundgesetz und eine gerechte Steuerpolitik, bei der starke Schultern mehr tragen, finanziert werden. Die Nettokreditaufnahme von 100 Milliarden Euro ist daher ein aktuelles Zwischenergebnis und wird durch weitere Reaktionen aufgrund des Kriegs und seiner schwerwiegenden Folgen höher ausfallen als jetzt aktuell anvisiert. Eine planwirtschaftliche Festlegung und Subventionierung des Benzinpreis ist keine wirklich zu Ende durchdachte Idee und funktioniert nicht als Antwort auf die fossilen Preissteigerungen durch Putins Krieg. Sinnvoll ist es jetzt nicht fossile Energiepreise zu subventionieren, sondern gezielte Zahlungen für Menschen mit keinem, geringen oder mittleren Einkommen in den Blick nehmen. Dafür brauchen wir die Zahlung eines steuerfinanzierten Energiegeldes aus dem allgemeinen Bundeshaushalt. Auch eine Erhöhung des Heizkostenzuschusses und weitere Unterstützung für Menschen in der Grundsicherung sind jetzt richtig. Die Eckwerte für das Jahr 2023 gehen noch davon aus, dass wir ab dem Jahr 2023 die Notfallregel der Schuldenbremse nicht mehr in Anspruch nehmen müssen. Das ist eine gewagte Prognose. Die aktuelle Notlage mit dem Krieg in Europa hat massive Auswirkungen auf die Energieversorgung, auf die humanitäre Hilfe und auf die wirtschaftliche und soziale Situation im Land und wird daher auch massive finanzielle Auswirkungen haben. Ich halte es für gut möglich, dass wir für das Jahr 2023 die Notfallregel der Schuldenbremse erneut ziehen müssen. Es ist jedenfalls aktuell nicht seriös möglich zu versprechen, im Jahr 2023 wieder die Schuldenbremse einhalten zu können. Man sollte auf diese Zeitenwende nicht mit einer Sparpolitik antworten und dogmatisch an der Schuldenbremse klammern. Wir müssen als Staat und Gesellschaft konkret auf die zahlreichen Krisen antworten, handlungsfähig bleiben und dafür auch die entsprechende Finanzierung sicherstellen. Es ist klar, dass mit einem Sondervermögen für Sicherheitsausgaben auch eine Strukturreform der Bundeswehr, insbesondere beim Beschaffungswesen, einhergehen muss. Auf bestehende, ineffiziente Strukturen weitere Milliarden draufzuschütten, wird kein einziges Problem der Bundeswehr lösen. Sorgfalt muss hier Schnelligkeit gehen. Wenn man ab jetzt jedes Jahr die abstrakte, symbolische 2%-Nato-Quote erfüllen würde, müssten 100 Milliarden Euro in nur vier Jahren rausgehauen werden. Dabei besteht die konkrete Gefahr, dass große Teile eines Sondervermögens so schnell verbrannt würden ohne dabei zusätzliche Sicherheit zu bringen. Investitionen in die Sicherheit beinhalten außerdem nicht nur das Militär, sondern auch Ausgaben für humanitäre und friedenspolitische Herausforderungen, für Cybersicherheit und zivilen Bevölkerungsschutz.“